Wohin wollt ihr reisen? Nach Instagramistan oder in ein reales Land?

Möwen beobachten in Cascais

Ich gebe zu, die Realität kann lästig sein. In der Realität regnet es, nicht alle Menschen sind schön, es gibt fade Ecken und es stinkt. In der realen Welt passiert auch nicht jeden Tag etwas besonderes, nicht jeden Tag erleben wir das Abenteuer unseres Lebens. Aber das ist normal in der Welt, in der wir leben, oder?

Dreckiger Stand in Thailand Dreckiger Stand in Thailand

Die Realität ist beim Reisen  aus der Mode gekommen

Die Realität scheint allerdings ein bisschen aus der Mode gekommen zu sein, seit es eine bessere Alternative gibt. Die Rede ist noch nicht vom Metaverse, sondern von den bis jetzt existierenden Social Media Plattformen. Die sollen schon auch irgendwie die Realität darstellen, nur hat das, was dort gezeigt wird, mit der Realität oft zu viel zu tun wie Versailles mit dem Wienerwald Grill von nebenan. Da wird geschönt, was das Zeug hält. Das ist auch bei Reise-Accounts auf Instagram nicht anders. Die Orte, die dort gezeigt werden, existieren oft so überhaupt nicht. Jedenfalls nicht in dieser Farbe, in der suggerierten Einsamkeit, oder es werden die ganzen Bilder so bearbeitet, dass niemand, der den realen Platz kennt, ihn in der Webversion wieder erkennen würde. Da wird schon mal vor irgendein Tor ein Spiegel gelegt, um eine Wasserspiegelung zu simulieren, da wird stundenlang in einer 100 Mann Schlange angestanden, um das Foto der perfekten Einsamkeit auf der Trolltunga zu inszenieren. Mal ganz abgesehen davon, dass ich noch nie einen Strand erlebt habe, auf dem alle jung, schön und schlank sind, nicht mal in Ibiza oder Mykonos. Übrig bleiben Fantasy-Destinationen, die niemand besuchen kann.

Der Praxer Wildsee sieht nur auf Bildern super aus Praxer Wildsee

Besucht man diese Orte dann, spürt man in sich ein gewisses schales Gefühl. So ging es mir zum Beispiel am Praxer Wildsee, auch genannt Lago di Instagram, der in Realität nun so gar nicht konkurrieren konnte mit dem Bild, das die Influencer rund um mich so begeistert inszenierten. Es ist schön dort, der See ist irre fotogen – aber real.. naja. Es war ein absurdes Bild. Alle hatten einen breitkrempigen Hut dabei und ein Flatterkleid, um das Foto zu schießen, dass eben jeder dort schießen muss.  Eine leichte Enttäuschung empfand ich im Pool des Marina Bay Sands in Singapur, sicherlich eine beeindruckende Location, sicherlich eine tolle Aussicht, aber vor dem Rand des Infinity Pools geht es nicht in die Tiefe, sondern verständlicherweise ist noch eine Sicherheitsbalustrade vorgelagert. Das sieht man nie und das ruiniert ein bisschen die optische Illusion. Nein ich will nicht meckern, das war schon toll. Aber vielleicht anders toll, als es auf den Bildern aussieht. Wer real vor Ort ist, bekommt nicht das, was Instagram verspricht.

Dubai bietet die perfekte Reise-Ästhetik

Wunderbar inszenieren sich derzeit ganz viele Instagrammer im Steuerparadies Dubai. Schöne Menschen in stylischer Kulisse vor und in Nobellokalen oder Nobelboutiquen, edlen Lofts und Palmenstränden. Vielleicht ist das das Erfolgsgeheimnis von Dubai, denn die können dort alles aus dem Boden stampfen und tatsächlich die instagramable Urlaubserlebnisse inszenieren, nach denen sich offenbar so viele Menschen sehnen.

Es geht ja gar nicht darum, irgendwo zu sein, wo es schön ist, sondern es geht nur darum, dass der Urlaubsort zur eigenen, beigen Ästhetik passt und das ist natürlich dort in Dubai wunderbar. Alles weiß und beige. Geht es noch besser? Netterweise tragen viele Einheimische dort weiße Gewänder – und stören so die Ästhetik nicht. Die bessere Kulisse für einen Social Media Account geben? I don’t think so!!

Das Klischee gewinnt immer

Es ist im Internet ja allgemein so, dass nicht die Blogs erfolgreich sind, die versuchen, ein reales Leben abzubilden oder reale Urlaubsorte, sondern die, die anderen die puren Klischees vermitteln. Klischees vom Leben oder von Destinationen. Weil es unser Bild von bestimmten Dingen bestätigt. Und Bestätigung ist großartig. Kitsch und Romantik in Paris, kilometerlange einsame Strände in Thailand, Hippieidylle in Griechenland.

Der richtige Kamerawinkel und eine gute Bearbeitung Software und alles sieht so aus, wie es sein soll. Dass das alles gefaked und inszeniert wird, wen interessiert das? Ich finde es ein wenig traurig, weil der reale Urlaub dann einfach nur enttäuschen kann. Wer seinen Urlaub nach solchen Bildern plant, kann einfach nur verlieren. Bei Parship gibt es eine Kampagne, die sich „Date happy“ nennt und auffordert, einander ohne Filter kennen zu lernen. Das finde ich auch bei Reisen gut. Travel happy – ganz ohne Filter oder unrealistischen Blickwinkel. Dann kann jeder sehen, wohin man fährt und ist nicht enttäuscht.

Es wäre bitter, wenn reales Erleben immer schlechter ist als das, was die Bilder versprechen. Bilder schönen automatisch ein bisschen, aber man sollte nicht übertreiben. Weil im echten Leben mischt sich die Realität rein, und die stinkt manchmal.

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