Warum Fleischesser so unbelehrbar sind? Weil vegetarisches Essen hier nicht schmeckt!
So, das musste mal raus. Die meisten deutschen Köche kriegen gutes vegetarisches Essen einfach nicht hin. Was in bürgerlichen Restaurants oder Kantinen angeboten wird, sind traurige Beilagen, bei denen einfach das Fleisch weggelassen wird, öde Salate und fade, wasserbasierte Gemüsegerichte, die wirklich jedem Wumms entbehren. Oder uranschwere Käsespätzle, bei denen Fett ausgleichen soll, was an Geschmack fehlt. Ganz widerlich sind diese panierten Sojalappen, die neuerdings als Schnitzel firmieren sollen. Das geht echt gar nicht. Wer will so eine fade Kost mit Spaß verzehren? Ich jedenfalls nicht und ich verstehe die Menschen gut, die sich mit Vehemenz gegen einen Veggie-Tag in deutschen Kantinen wehren. Dort will ich auch kein reines Gemüsegericht essen müssen. In auf Gemüse spezialisierten Läden sieht es nur wenig besser aus, denn irgendwie trauen sich zu wenige, tief in den Gewürz-und Kräutertopf zu langen und Gemüse zu dem Star zu machen, der es sein könnte. (jedenfalls hier in München, in Berlin sieht das anders aus) Meine Freundin Claudia Shanti ist eine der wenigen Köchinnen, deren vegetarisch/vegane Mahlzeiten ich wirklich gerne esse. Und in anderen Ländern, die eine längere Tradition in vegetarischer Küche haben, ist das Essen bei weitem nicht so traurig und ungeniessbar. Indien, Israel, Thailand – Italien oder Griechenland, alles Paradiese für Vegetarier. Es könnte eigentlich so schön sein…

Orientiert euch an Ottolenghi – der weiß wie es geht
Weil: Das geht doch auch anders. Und es nicht mal schwer. Ich nämlich neulich in London, und wie immer, wenn ich in London bin, gehe ich zu einem der Imbisse von Yotam Ottolenghi. Dort kann man Mittags wunderbar vegetarisch genießen: reservieren muss man nicht, man wartet auf einen Platz am Communitytisch. Und dann ist man im Vegetarier-Himmel. Die Gemüse haben auf einem Geschmack, sie haben Schärfe, Frische, es ist eine reine Freude, dort zu essen. Alles hat Eigengeschmack, ist würzig, überraschend, der reine Genuss – und kein Mensch würde auch nur ein Fitzel Fleisch vermissen. Pilze auf Brioche mit pochierten Eiern udn Avocadosalat. Topnambur, Sellerie mit Koriandersamen geröstet, Karotten mit eingelegter Zitrone und Harissa, Tomaten mit Kreuzkümmel im Ofen gebraten auf Joghurt, Kohl mit Walnüssen…Das gibt es bei uns nur in Deutschland selten. Mein Freund ist passionierter Fleischesser und Schweinebratenfan, aber wenn ich was von Ottolenghi koche, ist er mit Begeisterung dabei, auch wenn das Gericht fleischfrei ist. Ich wünsche mir wirklich, die Leute würden hierzulande aufwachen. Aber solange überall Gemüse so mies gekocht wird, braucht sich echt niemand zu wundern…
Mein Kochbuchtipp: Simple von Yotam Ottolenghi
Wirklich einfache, aber überaus köstliche Gerichte, die sich schnell in der Küche zusammenkloppen lassen. Das einzige Hindernis: Vorab muss man sein Gewürzregal ein wenig auftunen (Mit Zatar, Chilliflocken, Sumac, Kardamom, fermentiertem Knoblauch – aber darum geht es ja – Würze!!!!), aber dann sind die Rezepte ganz einfach. Ich möchte das Kochbuch allen ans Herz legen, die anfangen wollen, geschmackvoll, abwechslungsreich und originell zu kochen – es ist kein vegetarisches Kochbuch, da sind auch viele Fleischrezpte dabei, aber immer mit viel Gemüse kombiniert – und sehr viele vegetarische Gerichte.
Ach ja: wenn ihr GUTE!!! vegetarische Lokale kennt lasst es mich wissen!
Ja es ist so. Hier am Land eine kulinarisch vegetarische Wüste. Es wäre ja nicht wirklich schwer. Ich koche eigentlich das Beste vegetarische Essen selbst. Das Kochbuch sehe ich mir jedenfalls genauer an.
alles liebe angelique
Liebe Katrin,
also bei uns in Wien, haben wir wirklich Glück.
In den letzten Jahren hat sind die Vegetarischen und teils sogar Veganen Restaurants wie die Schwammerl aus dem Boden geschossen.
Ich muss zugeben, ich esse zwar reduziert, aber gerne Fleisch – ABER auch gerne gute Vegetarische Speisen.
Du hast aber recht, es scheitert bei vielen daran, dass sie nicht wissen, wie gut das Vegetarische Essen schmecken kann.
Lieben Gruß, Martina von http://www.stielreich.at/blog
Da gebe ich dir total recht, liebe Katrin! In meinem kulinarischen Frauen-Salon experimentiere ich viel mit Variationen von saisonalem Gemüse und kann damit viele zum ersten Mal für Dinge wie Artischocken, Mangold oder Pastinaken begeistern. All das habe ich aber wie nie auf irgendwelchen Speisekarten gefunden. Ich habe auch noch nie eine gutgewürzte und ausgewogene Bowl gegessen, weil meine Vorstellung von gesundem Essen nicht unbedingt roh und kalt und neutral und ohne Sauce ist.
Doch man muss auch sagen, dass hier viele Gaumen nicht sozialisiert sind für die orientalisch-mediterranen Gewürze. Es dauerte ja auch eine ganze Weile, bis es in München wirklich gute asiatische Küche gab. Ich würde mir ein türkisches Lokal mit echter gemüselastiger Hausmannskost wünschen – in der Türkei habe ich alleine 50 Vorspeisen nur aus Auberginen gegessen!
Danke, Danke, Danke, endlich mal eine versierte Auseinandersetzung mit dem Thema „vegetarisch essen“.
Hallo Kathrin, bei deinem Bericht musste ich lachen 🙂 vegetarisches Essen außer Haus ist in Deutschland nicht immer das Beste, das stimmt, man kann böse reinfallen – und am liebsten koche ich daher für mich selber und esse zu Hause, als Allergiker das Sicherste, ich bezahle Restaurant-Essen noch viel zu oft mit Bauchweh, sage inzwischen „Nein Danke“. Nach London würde ich für ein leckeres vegetarisches Gericht nicht gerade fahren, das Kochbuch von Ottolenghi klingt aber sehr interessant, es scheint was für Gourmets? Ich schaue es mir auf alle Fälle näher an, liebe Grüße Bettina
Liebe Kathrin, würden sich die Leute ein wenig an unsere Kindheitgerichte besinnen, dann bräuchte man keinen Ottolenghi. Kartoffelgröstl mit Spinat, Eiernockerl, Nudeln mit Tomatensoße, Reibedatschi, Bauernkrapfen mit Sauerkraut, Linseneintopf ohne Speck, Krautfleckerl, Reisauflauf, und so weiter und so fort. Das alles ist bei vielen nicht mehr in den Köpfen, leider, dabei wär’s so einfach. Liebe Grüße, Claudia
Das stimmt, viele Gerichte der Kindheit waren vegetarisch…
Hi Katrin.
Du sprichst mir aus dem Herzen.
Ich werde hier im Rhein-Main-Gebiet auch regelmäßig enttäuscht. Wenn man hier auf ein Streetfood-Festival geht, ist das aufregendste eine Knoblauch-Pommes. Wow. Ich bin keine Vegetarierin, habe aber meinen Fleischkonsum auf maximal 2mal die Woche reduziert. Mir tut jeder leid, der hier komplett vegetarisch oder sogar vegan isst.
Meine Eltern sowie Schwiegereltern sind auch schwer zu überzeugen. Da gibt es zu jeder Mahlzeit Fleisch, Fisch oder Wurst. Sie sind jedes Mal skeptisch, wenn sie mich besuchen und es etwas Vegetarisches oder Veganes gibt. Es ist mir immer das größte Kompliment, wenn sich mein Vater pappsatt zurück lehnt, seinen Bauch streichelt und meint: „Das Schnitzel habe ich gar nicht vermisst!“ 😀
Da ich liebend gerne Koche und Neues ausprobiere stehen sowieso standardmäßig 20 Gewürze und einige Töpfe mit frischen Kräutern aus aller Welt bei mir zu Hause um kommen ständig zum Einsatz. Meine neuste Entdeckung ist das Buch „Salat Samurai“. Super Leckere vegane Rezepte! Es hat mich dazu gebracht Kichererbsen und Nüsse in allen Varianten zuzubereiten. Echt super.
Liebe Grüße > sara
Ich gehe nicht essen, weil es mir nirgends schmeckt. Bis vor einem Jahr lebte ich 20 Jahre vegan, nun esse ich wieder Fleisch. Koche seit meinem 13. Lebensjahr gut und gerne, daher ertrage ich das lieblose Essen außer Haus auch nicht. Ottolenghi kannte ich noch gar nicht, da lese ich mich gerne einmal ein.
Alles Liebe
Annette
Liebe Katrin!
Schon seit einiger Zeit koche ich immer wieder Rezepte nach Ottolenghi, die Gemüsegerichte sind so raffiniert gewürzt, da fehlt tatsächlich niemanden das Fleisch.
Liebe Grüße nach München
Regina
Kann ich auch nur bestätigen. Bin seit 7 Jahren Vegetarier, aber was die meisten Restaurants an „vegetarischem“ Essen anbieten, ist oft sehr traurig. Dass sich dafür kein Hardcore-Fleischesser interessiert, wundert mich nicht.
Dabei suchen Köche doch Herausforderungen, oder nicht? Wäre es nicht einmal eine Herausforderung, eine etwas größere Auswahl an vegetarischen Gerichten zu entwickeln?
Keine Ahnung, warum das so sein muss. In deutschen griechischen Lokalen gibt es nur Riesenfleischportionen, nicht das tolle vegetarische Essen, das ich aus Griechenland selbst kenne.