Tipps für besseren Schlaf im Hotel – ein Interview mit Schlafexpertin Christine Lenz

Jeder vierte Deutsche schläft schlecht. Menschen schlafen schlecht ein, wachen immer wieder auf und sind am Morgen gerädert und unausgeschlafen. Wir sind eine unausgeschlafene Gesellschaft. Schulkinder schleichen wie Zombies jeden Tag um 7:00 Uhr in die Schule, Arbeitende gehen gerädert ins Büro. Aber im Urlaub, da soll alles besser werden, endlich mal durchschlafen und erholen vom Alltagsstress. Da sind wir ja im Hotel. Wir stellen uns das so schön vor – dass 14 Tage Urlaub unseren ganzen Stress wegzaubern. Endlich ausschlafen – denn wozu sind Hotels denn sonst gut? Gemütlich sein, vielleicht romantisch – aber die Hauptaufgabe ist, uns gut durch die Nacht zu bringen. Und gut in den Morgen. Komischerweise sind viele Hotels wahnsinnig schlecht darin, diese Grundaufgabe zu erfüllen. Das hat viele Gründe, weiß Christine Lenz, eine Expertin für Schlafgesundheit, mit der ich mich über das Thema unterhalten habe. „Eigentlich ist es eine Verschwendung, dass so viele Hotels das nicht als besonderen Service anbieten: „Bei uns schlafen Sie gut!“ – da wird ganz eindeutig ein Trend verpennt. Denn das wollen viele Menschen. Sich gut erholen.“ In der gehobenen Hotellerie gibt es mittlerweile Angebote zum „Schlaftourismus“, aber das Bedürfnis nach Schlaf ist universell. Auch – oder gerade – bei Geschäftsreisen. Jede Nacht schlecht schlafen in einem anderen Hotelzimmer – das ist ein Alptraum. Dabei könnten auch kleinere Häuser mit ein paar Kniffen für eine entspanntere Nacht sorgen.

Die Earth-Suite im Landrefugium Obermüller. Hier schläft man wunderbar!

„Die Tourismusbranche verpennt den Trend Ruhetourismus“

„Es geht gar nicht so sehr um teure Betten oder besonders luxuriöse Bettwäsche, wenn es um guten Hotelschlaf geht. Ein paar einfache Dinge, die jedes Hotel einfach umsetzen würde, könnten schon viel zu besserem Schlaf beitragen“. Das wären zum Beispiel, dass Zimmermädchen nicht am frühen Morgen an die Zimmer bumpern, „Roomservice!!!!!“ – auch wenn man den „Do not disturb“-Zettel an der Tür hängen hat. Zum anderen sollte darauf geachtet werden, dass die Hotels nicht ihre Fassade grell beleuchten und so die Ruhe stören. „Es spart Energie und ab ein Uhr nachts kann man diese Festbeleuchtung getrost ausmachen“. Und: „warum bieten die Hotels nicht einen Flur speziell für Menschen an, die es gerne besonders ruhig haben? Das kostet gar nicht – aber das Hotel könnte seine Gäste glücklich machen“, so die Schlafexpertin, die viele Hotels in Sachen Nachtruhe berät.

Ein Zimmer im Waastwinij – dem „Westwind“ auf Föhr

Zu solchen ganz einfachen Lösungen kämen weiterer Service, erklärt Christine Lenz: „Ich habe einmal für die Forschung gearbeitet und kam immer sehr spät und sehr müde ins Hotel. Das Hotel hat mir dann immer vorab eine Wärmflasche ins Bett, damit die warme Umgebung das Einschlafen erleichtert. Ich fand das unglaublich gut und sehr fürsorglich. Eine einfach Geste – eine große Wirkung.“

Eine Ruheoase in Hanoi: das JN Marvel Hotel

Ein paar Tipps von der Schlafexpertin

1. Das eigene, ungewaschene Kissen mitnehmen

Es ist tatsächlich eine gute Idee, das eigene Kissen mitzunehmen. Und das nicht nur wegen der gewohnten, liebgewonnenen Form, sondern auch, weil es nach einem selber riecht. Ein gewohnter Geruch in der Umgebung beruhigt und schafft Sicherheit. Deswegen ist das eigene Kissen im Gepäck eine tolle Idee.

2. Gute Nacht Tee statt Minibar

In vielen Hotelzimmern werden Wasserkocher angeboten. Da kann sich jeder Gast von zu Hause einen beruhigenden Abendtee mitbringen und aufbrühen. So ein kleines Teeritual schafft einen Wohlfühlmoment und beruhigt nachhaltig. Es gibt auch Schlafkakao, der besonders luxuriös auf die Nacht einstimmt. Oder man nimmt sich ein Melatonin-Spray mit. Ich habe mittlerweile ein ganzes Schlafkit im Koffer dabei.

3. Wärmflasche mitnehmen – Wärmflasche vom Hotel

Wenn das Hotel keine Wärmflaschen anbietet, kann man die auch selbst mitnehmen. Und das warme Wasser kommt wieder aus dem Wasserkocher.

Unser Zimmer im Schwarzen Adler, Innsbruck

4. Für die eigene Dunkelheit sorgen – mit hochwertigen Schlafmasken

Jeder Mensch hat eine bestimmte Wohlfühldunkelheit und Wohlfühltemperatur. Beim Buchen von Hotelzimmern darauf achten, dass man diese Temperatur selbst einstellen kann. Wer bei offenem Fenster schlafen will, unbedingt vermerken, dass das Fenster nicht zur Straße hin liegt oder zum Innenhof, wenn um 5 Uhr der Fahrer kommt, um die neue Wäsche zu bringen. Für Dunkelheit sorgen Schlafmasken – Christine Lenz hat eine besondere Kollektion dafür entworfen, aus Seide oder Biobaumwolle, unter denen jeder und jede Ruhesuchende angenehm schlafen kann.  (Für mich im Langstreckenflieger ein Muss!)

5. Vor dem Einschlafen weg vom Handy!

Eine Stunde vor dem Schlafengehen sollte Schluss sein mit TV, Handy und anderen Medien. Besser ein gutes Buch lesen.

6. Spezielle Ruhehotels buchen

Ein Zimmer im Schloßgut Oberambach

Einige Hotels haben die Zeichen der Zeit erkannt, zum Beispiel die Hotels der Kette „Premier Inn“, die den USP von gutem Schlaf erkannt haben und sich selbst als Schlafexperten präsentieren. Die Zimmer sind alle mit Verdunklungsvorhängen, schallisolierten Wänden und natürlich mit super bequemen Betten ausgestattet. Sogar das englische Königshaus nutzt die Matratzen dieser Firma!  Bei den Kissen hat jeder Gast die Auswahl zwischen weich und hart. Ich habe öfter in Premier Inn Häusern geschlafen und muss sagen – bei mir hat es funktioniert.  Natürlich werden die Zimmer sukzessive weiterentwickelt. Die neuen Zimmer erkennt man an einem Hinweis bei der Buchung über die Website.

Luxusbetten und Bergluft 

Wer es besonders schön haben möchte, für den gibt es zB das Hotel Rehlegg in Ramsau. Das Hotel bei Berchtesgaden setzt auf den Luxus der Natur. Und der besteht aus mehr als der guten Bergluft : „Echte Holzfußböden, reine Schurwolle, Loden, Bauernleinen: In unseren Zimmern haben wir viel Wert auf natürliche Materialien gelegt. Die Hästensmatratzen sind handgefertigt aus feinsten Naturprodukten. So erholsam haben Sie noch nie geträumt!“ Hästens sind übrigens die teuersten Matratzen und Betten der Welt, manche Exemplare der schwedischen Firma können bis zu einer Viertelmillion kosten. Ich habe fest vor, in diesem Hotel einmal Probe zu schlafen…

Auch das Schloßgut Oberambach bei München sorgt für  den guten Schlaf seiner Gäste. Idyllisch und abgelegen am Starnberger See sind die Grundvoraussetzungen schon einmal erfüllt, dazu wurde hier auch auf reine Biomaterialien bei Haus und Möbeln gesetzt und den Gästen wird ab 11 Uhr der Saft abgedreht. Das hauseigene Wlan hat Sendepause. Ein wunderbarer Weg zur Entschleunigung.

Christine Lenz ist Expertin für Schlafgesundheit und -medizin. In den vergangenen Jahren war sie für unterschiedliche Unternehmen und Organisationen im In- und Ausland tätig, darunter Hotels, Regierungen und Marktforschungsinstitute. Sie war unter anderem auch Kooperationspartnerin der BKV-Kampagne „Gesunder Schlaf“ 2019. Mit Beratungsangeboten, Workshops und Vorträgen bietet sie ihren Kunden die Möglichkeit, einen aktiven Beitrag zur Gesundheitsprävention ihrer Mitarbeiter zu leisten und gleichzeitig Kundenbedürfnisse besser zu verstehen.

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