Meran für Foodies: das solltet ihr nicht verpassen

Dass man in Italien überall gut Essengehen kann, ist eine Binsenweisheit. Dass in Südtirol der Restaurantbesuch oder der Einkauf auf dem Markt ein ganz besonderes Vergnügen ist, weil hier so viele Einflüsse aufeinander treffen, auch. In Südtirol muss eigentlich niemand explizit „Bio“ auf seine Lebensmittel schreiben, weil das Meiste sowieso traditionell hergestellt wird. Es wird saisonal und regional gekocht – etwas, was andere Regionen in Deutschland erst wieder lernen müssen, war und ist hier gelebter und geliebter Standard. Die Qualität der Produkte ist hier so hoch, da muss nicht nachgeholfen werden. Da nochmals einen draufsetzen, das schaffen nur ganz besondere Lokale oder Geschäfte. Einige davon, die ich bei meinem Besuch in der Stadt an der Passer ausprobieren durfte, will ich euch vorstellen. Ihr solltet sie ausprobieren, der September und Oktober oder November und Dezember sind eigentlich mit die besten Monate, einen kurzen Urlaub in Meran zu verbringen. Denn es wird bei uns schon kalt, aber in Südtirol ist noch ein wenig Sommer, die Blätter fangen zaghaft an, sich zu verfärben, der junge Wein steht zum Probieren bereit. Überall in Südtirol gibt es herbstliche Spezialitäten. Eine wundervolle Zeit – aber eigentlich lohnt ein Besuch der Sonnenhauptstadt immer. Und wenn bei uns Winter ist, herrschen in Meran immer noch ein frühlingshafte Temperaturen – an der Winterpromenade. Die pfiffigen Stadtherren, die Meran zur Kurstadt ausbauten, hatten nämlich vorgeplant: Im Sommer bleibt man besser auf der kühlen Sommerpromenade, im Herbst und Winter genießt man die Wärme der Wintersonne auf der stets sonnigen Winterpromenade.

pizza & food 357

Die Pizzeria 357 ist wunderschön gelegen, direkt am gegenüberliegenden Ufer der Passer, direkt neben dem Sissi-Park. Innen sind die Wände im Stil einer pompejischen Villa bemalt, aber wir sitzen an einem warmen Abend im Juni natürlich draußen. Zum Glück haben wir reserviert, an allen Tischen sitzen schick gekleidete Meraner:Innen und genießen die Kreationen auf der Karte. Die Pizzen hier haben ungewöhnliche Beläge und gehören mit zu den Besten, die ich je gegessen habe. Kein Wunder, hat doch Sternekoch Andrea Fenoglio die Pizzen höchstpersönlich kreiert. Die Pizzabeläge sind von bekannten Pasta-Spezialitäten inspiriert. Ich hatte eine Pizza Norma, mit Auberginen und – das war ein Wow-Effekt – knusprigen Croutons auf der Pizza. Klingt ungewöhnlich, ist aber vor allem ungewöhnlich gut. Eine Carbonara-Pizza wartet mit Speck und Ei auf, eine Amatriciana mit knusprigem Guanciale und Ofenzwiebeln – aber auch klassische Varianten für weniger Foodmutige gibt es. Ich muss euch warnen: wenn ihr hier Pizza gegessen habt, könnt ihr vermutlich den Pizzen nördlich der Alpen nicht mehr so viel

Forno Bäckerei

Es gibt derzeit zwei sich völlig widersprechende Trends, was das Bäckerhandwerk anbelangt. Zum einen besorgen viele Menschen ihr Brot beim Discounter, unter dem Motto „Muss auch so gehen“, denn die Energiepreise haben auch die Preise in den deutschen Bäckereien explodieren lassen. Das kann sich nicht mehr jeder leisten. andere agieren nach dem Motto: lieber weniger, aber besser: Zum anderen erleben nachhaltige, ganz besonders sorgfältige Bäckereien eine Renaissance. Da werden alte Getreidesorten ausgesucht, mit Bauern und anderen Lieferanten verhandelt. Es kommt nur der beste Sauerteig ins Brot, das beste Wasser und ganz viel Sorgfalt. In München gibt es Julius Brantner, den ich euch ans Herz legen möchte – und es gibt in Meran das Forno, eine winzige Bäckerei in einem Hinterhof nicht weit von der Altstadt. Wer danach sucht – einfach der Nase folgen, der Duft nach frisch gebackenem Brot leitet einen. Das Forno hat nicht jeden Tag frisches Brot, denn Bäcker Ivo de Pellegrin ist (noch) ein Ein-Mann Betrieb und er gibt seinen Teigen tagelange Ruhezeiten und lässt sich nicht hetzen.  Die Kundschaft bestellt ihr Waren und was weg ist, ist weg. Das ist auch eine gewisse Form der Nachhaltigkeit – nicht nur Biozutaten, sondern auch aktiv dafür sorgen, dass nichts übrig bleibt.

Ivos Herz schlägt für sein Handwerk, es ist eine einzige Freude, ihm zuzusehen, wie er den Teig sorgfältig zu Baguettes rollt, sie vorsichtig in Formen legt, um sie dann im Ofen zu vollenden. Das Mehl wird selbst gemahlen und kommt aus Südtirol, darunter auch alte Sorten wie Einkorn, Emmer, Rotkorn, Waldstaudenroggen und alte italienische Hartweizensorten, das würzige, nach Meer duftende Salz aus den alten Salinen im sizilianischen Trapani. So viel Sorgfalt wir mit wirklich wunderbarem Backwerk belohnt, aber wer sein Brot dort probiert, den warne ich – danach ist man für alle Zeit für günstiges Industriebrot verloren, denn das Forno zeigt eindrucksvoll, wie himmlisch gut Brot schmecken kann.

FORNO Ivo De Pellegrin

Rennweg 141A

39012 Meran

Die Lokale und Cafes der Innenstadt

Meran hat eine lange, reiche Geschichte. Vom Herzogsitz im Mittelalter zum vergessenen Dörflein zur mondänen Kurmetropole zum Touristenmagneten. Die Geschichte ist eigentlich an jedem Winkel sichtbar und doch gibt es hinter den Fassaden noch unendlich viel mehr zu entdecken, als die Stadt auf den ersten Blick freigibt. Auch die Lokale der Innenstadt machen da keine Ausnahme. Viele Touristen setzen sich auf die Stühle auf der Straße oder unter den Lauben und wagen keinen Blick ins Innere. Das ist ein Fehler. Denn im inneren der Häuser erkennt man noch gut, wie diese im Mittelalter und in der Neuzeit bewohnt waren, als viele Familien sich die Häuser teilten. Da warten hohe, versteckte Innenhöfe, verwinkelte Treppenstrukturen, Oberlichte, Einbauten, Simse, Balkone – es ist sehr spannend, sich das von einer einheimischen Führerin erklären zu lassen, die alle noch so geheimen Winkel kennt. Gute Qualität gibt es eigentlich überall, da lassen sich die Meraner nicht lumpen und niemand muss Angst haben, in einer Touristenfalle gelandet zu sein, wenn auch manche Lokale direkt an der Fußgängerzonen natürlich etwas touristischer sind als einige der Tipps, die ich hier vorstelle. Aber der Besuche des Rößl bianco oder anderer Lokalitäten lohnt – schon allein für den Blick hinter die Kulissen einer intakten mittelalterlichen Stadtbauweise. Wer sich für zuhause ein paar Spezialitäten mitnehmen will: die ganz normalen Metzgereien der Einheimischen bieten zB Tiroler Speck aber auch italienische Besonderheiten wie den gewürzten Guanciale Bauchspeck für die allerechteste und beste aller Carbonara-Saucen, eingeschweißt an.

Mittagessen im Genussmarkt Pur Südtirol

Das vom Meraner Designer Harry Thaler entworfene Lokal ist beides – Markt und Restaurant. Es liegt vor den Toren der Altstadt, an der Kurpromenade. Die Touristen eilen vorbei und erkennen nicht, an welchen Schätzen sie hier vorbeilaufen. Denn das Pur Südtirol bietet 2200 regionale Qualitätsprodukte von 240 Bauern und Manufakturen Südtirols an, darunter wundervolle Weine, Obst und Gemüse, aber auch Öle, Marmeladen, Eingemachtes und Nudelspezialitäten. Wir kaufen eine Packung Zitronennudeln mit Ingwer und eine, bei der die Nudeln gewürzt sind wie Südtiroler Schüttelbrot. Tolle Mitbringsel, aber auch fantastische Geschenke für die Lieben daheim. Und die Besucher können die wunderbare Qualität der Produkte gleich vor Ort probieren, ein Bistro lädt zum Verweilen ein. Die meisten Leute fahren extrem auf die reiche Käse- und Speckplatte ab, so auch mein Freund, ich mag ein veganes Sandwich lieber. Wir essen gefühlt die ganze Zeit in Meran, deswegen bin ich mal froh, nur eine Kleinigkeit zu schnabulieren. Man bestellt an den Tischen oder holt sich Kuchen direkt an der Theke. Interessant fand ich auch, dass der Apfelstrudel (Strudel di Mele) hier nicht aus dünnen Teigschichten besteht, sondern ein recht dicker Mürbteig umschließt eine säuerlich-süße Apfelfüllung. Wieder was gelernt. Unbedingt die (Apfel)säfte von Kohl probieren. Ich fand es faszinierend, wie unterschiedlich sortenreine Apfelsäfte schmecken können: Nehmt euch ein bisschen Zeit fürs Pur, es lohnt, sich durch die Regale zu wühlen. Das Personal berät gerne. Das Pur Südtirol hat eine Philosophie, die sehr traditionell und zugleich sehr modern ist: „Pur Südtirol ist eine Plattform für alles Gute aus der Region. Wir fördern den sinnvollen und nachhaltigen Umgang mit dem Reichtum unserer Heimat, indem wir hochwertige Produkte aus achtsamer Erzeugung anbieten. In engster Zusammenarbeit mit unseren Partnern entwickeln wir ein Netz aus Genusshandwerkern, Manufakturen und Produzenten, das uns erlaubt, unser Ziel als Südtiroler Unternehmen zu verwirklichen: Mehrwert für das Land und seine Leute schaffen, Gutes aus Südtirol in die Welt tragen und Lebensfreude inspirieren.“ Das Pur ist mittlerweile eine kleine Kette und auch in anderen Orten in Südtirol zu finden. 

Genussmarkt PUR

Freiheitsstr. 35
39012 Meran

Restaurant Roberts im Felsenkeller – Meraner Slow Food

Bei einem Lokal namens Felsenkeller glaubt der gemeine Gast, dass es nach unten geht, irgendwo unter Meran, aber das Gegenteil ist der Fall: Roberts im Felsenkeller bedeutet erst einmal einen kleinen Spaziergang Richtung bergauf, oberhalb des kleinen Tors zum Schloss Tirol hin. Der Felsenkeller gehört nominell auch zum Dorf Tirol, aber keine Angst, es sind 10 Minuten Gehweg von Meran herauf, nicht mehr. Und in diesen 10 Minuten steigt man auf in den kulinarischen Himmel. Oben auf dem Berg hat man das Lokal in den schwarzen Felsen geschlagen, eine gemütliche höhle für den Herbst – doch als wir dort zu Gast waren, waren die Abende noch mild und warm, wir saßen auf der Terrasse und genossen die Aussicht über das Passertal nach Bozen hin. Die Sonne ging über den Bergen unter und tauchte die Szenerie in ein goldenes Licht. Wundervoll.

„Gesunde Lebensmittel erzeugen eine gesunde Natur“ heißt das Motto und wer irgendwen überzeugen will, dass Bio nicht nur besser für die Umwelt ist, sondern auch noch besser schmeckt, der muss unbedingt hier her kommen. Das Lokal hat sich der Slow Food Philosophie verschrieben und das bedeutet, dass alle Zutaten vom Wirt mit Liebe und Sorgfalt in ganz Italien ausgesucht werden, denn bei der Qualität werden keinerlei Kompromisse gemacht. Da kommt das Rindfleisch eben aus der Toskana, der Reis von einer winzigen klösterlichen Manufaktur, die seit dem 16.Jahrhundert ihren ganz speziellen Reis in der Po-Ebene anbaut und der so gut schmeckt wie kein Zweiter. Für sehr moderate 42 (3 Gänge) btw 47 Euro (vier Gänge) kann man sich ein Menü zusammenstellen, dass sich vor keinem Sternerestaurant verstecken müsste. Es gibt einfache Gericht, Herbstrisotto mit Kastanien und Steinpilzen, Kalbsleber mit Bratkartoffeln oder Rinderfilet mit Sommergemüse. Doch die Simplizität bringt die unvorstellbare Qualität der Zutaten bestens zur Geltung. Da stimmt einfach alles. Ich habe nie so gutes Rindfleisch gegessen wie bei Robert. Und nie ein cremigeres, besseres Risotto. „Wir Slow Food Leute haben immer gesagt, unsere Zutaten sind die allerbesten. Es haben viele versucht, uns zu widerlegen, aber das hat noch niemand geschafft“, erklärt Wirt Robert Steiner stolz. Ich kann jedem Besucher und Besucherin Merans nur raten, einmal dort zu essen. Und sich Zeit zu nehmen, die Speisen mit so viel Liebe und Hingabe zu genießen, wie in ihre Herstellung und Zubereitung geflossen sind.

Roberts Stube Im Felsenkeller

des Robert Steiner

Zenobergstr. 14 / Via Monte S. Zeno 14

I-39019 Dorf Tirol / Tirolo (BZ)

Zum Henkerhaus

Am letzten Abend in Meran nahmen wir unsere „Henkersmahlzeit“ im Henkerhaus ein. Ein würdiger Abschluss dieser schönen Reise. In einem mittelalterlichen Gebäude im ältesten Teil Merans, das tatsächlich einstmals der Hofhenker bewohnte, hat sich ein Koch aus dem südlichen Italien niedergelassen und serviert ganz köstliche Spezialitäten seiner Heimat. Seine Caponata sicilana, ein säuerlich-Süßes Gericht aus cremigen Auberginen, vollreifen Tomaten und aromatischen Oliven, ist in ganz Meran beliebt. Doch auch wegen der Trüffelnudeln oder dem Thunfisch-Tartar lohnt jeder Besuch. Der tätowierte Wirt sieht ein bisschen so aus wie Jason Momoa und ist mindestens so cool. Er berät zu den Gerichten, der Weinauswahl und empfiehlt die Tagesspezialitäten. Top. Das Publikum ist jung, modern, zum größten Teil Einheimische. Es liegt eine südliche Lebensfreude über dem Lokal, es hat eine ganz besondere Atmosphäre und irgendwie kann man gar nicht anders, als gut gelaunt zu sein und sich noch einen Wein und einen weiteren Limoncello zu bestellen. Ein wundervoller Ausklang eines wundervollen Besuchs und wir debattieren ein wenig wehmütig an diesem Abend noch, wie schön es wäre, auf der anderen Seite der Alpen zu leben…

Al BOIA – Henkershaus

Vicolo Ortensteingasse, 9,

39012 Meran

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