Die hässliche Kuh aus Düsseldorf oder: Männer waren schon immer so
Nun gut, die Ehe wurde ausgehandelt, die Braut verschickt….und die Enttäuschung war riesig. Anna sah ihrem Portrait nicht ähnlich, war – für damalige Zeit unschick – relativ braun von der Gesichtsfarbe her und war sehr schüchtern. Heinrich nannte sie eine „Kuh“ und erklärte „ich mag sie nicht“. Der französische Botschafter Charles de Marillac beschrieb Anna als große, dünne Frau, die eher wie eine 30-Jährige wirke. Sie sei „… von mittlerer Schönheit, mit einem entschlossenen und resoluten Antlitz.“ Vielleicht hätte sie uns heute gefallen.
Die Mode, die sie trug, war hinterwäldlerisch und unschick, Heinrich liebte die französische Mode des Valois-Hofes, die Anne Boleyn in England eingeführt hatte.Er schenkte seiner Verlobten diverse solche Outfits, die sie brav trug, aber das Missfallen war nicht mehr umkehrbar. Der Maler wurde in den Tower geworfen, Kanzler Cromwell, der die Heirat eingefädelt hatte und wohlweislich die Diskrepanz zwischen Bild und Person verschwiegen hatte, gleich hinterher. Egal, die Hochzeit musste durchgezogen werden, die verängstigte Braut und der wütende Bräutigam werden ein super Bild abgegeben haben. Vollzogen wurde die Ehe nie, sondern nach einem halben Jahr geschieden und Anna durfte als freie, reiche Frau mit dem Titel „Schwester des Königs“ in England leben, sie wird froh darum gewesen sein. Sie kannte ja die Gerüchte. Sie muss ein sehr netter Mensch gewesen sein, der ganze Hof und ihre drei Stiefkinder liebten sie. Alle außer Heinrich.
Der war in der tiefsten Midlifecrisis: Heinrich bändelte schon während des halben Jahres mit der doofen und sehr sexy 18jährigen Kathrin Howard an, die er gleich nach der Scheidung heiratete und die ihn gleich nach der Hochzeit mit dem doofen, aber sehr sexy Kammerherrn Thomas Culpepper betrog. Der war auch jung und ohne stinkendes Geschwür am Bein. Und diese 5. Frau liess dann Heinrich, tief enttäuscht, sofort köpfen. Anna von Kleve überlebte Heinrich, starb 1557 an einem Krebsleiden.
Hans Holbein (der Jüngere) blieb auch nach der täuschenden Darstellung der Anna vom Kleve Hofmaler Heinrich VIII. und wurde nicht in den Tower of London „geworfen“.
hey, wirklich „schön“ erzählt, ………..und ja, was sich ein König so alles leisten konnte (und noch immer kann) und die Damen hinnahmen (sie wollte ja ihren Kopf behalten)…und hinnehmen (Staatsraison..?.)………..übrigens, in der Serie „Die Tudors“ wurde das Verhältnis von Heinrich und Anna von Kleve ganz gut und Deiner Darstellung entsprechend dargestellt…
LG Micha LUMIC-design
Die Geschichtsserien, die am meisten nach moderner Soap aussehen, sind oft die historisch genauesten. Weil was früher an den Höfen passiert ist, kann sich kein Drehbuchschreiber besser ausdenken.
Danke für diese äusserst amüsante Geschichtsstunde 🙂
Frauen waren offenbar auch schon immer so.
Nämlich: verschieden. Also zum Beispiel doof, sexy und kurzlebig; oder entschlossen, gebräunt und sympathisch.
Ich finde, wirklich lernen kann man daraus wenig – bis darauf, daß „mail-order brides“ wie jeder Versandartikel eine Enttäuschung sein können,
und daß arrangierte Ehen Mist sind. Die Partner sollten einander schon vorher kennen und wechselseitig mögen. (+ sexuell zusammenpassen! Also ausprobieren).
Aber das ist heute ja selbstverständlich – in Europa jedenfalls.