Warum gutes Essen uns etwas wert sein muss (Und Rezepte, die zeigen, dass gutes Essen nicht die Welt kostet)

Ich möchte mit diesem Beitrag auf die Cem Özemir-Debatte um gesundes Essen eingehen – und auch ein paar Rezepte anbieten, die den Beweis liefern, dass sehr gutes Essen weder teuer noch kompliziert sein muss. Wer mag, kann die Debatte überspringen und gleich zu den Rezepten – ich kenn euch ja mittlerweile 😉

Wir Deutschen und das Essen – ein Trauerspiel. Traditionell bedeutet bei uns Essen nicht Raffinesse, Frische und Geschmack, sondern möglichst viel und möglichst fettig. Und möglichst viel Fleisch. So sieht der klassische deutsche Feiertag immer noch zwingend Braten vor, Knödel, viel Sauce, viel Butter, dazu ein bisschen Gemüse. Es hat sich in den vergangenen Jahren unendlich viel getan, wir kommen immer weiter weg von der Ernährung der 50er Jahre. Wir lernen die Gemüseküche der Mittelmeer-Länder kennen und lieben, wir probieren uns durch die enorm raffinierte und sehr gesunde arabisch-jüdische Küche mit ihren unendlichen Variationen von Vorspeisen, voller Aromen und voller Gemüse, Salate, Kerne, Nüsse…aber so ganz tief drinnen, da gibt es diese Vorstellungen immer noch. Momentan tobt deswegen mal wieder eine Debatte, ausgelöst durch eine Ankündigung unseres neuen Landwirtschaftsministers Cem Özdemir. Er will dafür sorgen, dass die Erzeuger faire Preise bekommen, dass Tierwohlstandards eingehalten werden. Das sind absolut legitime, längst fällige Forderungen, die nur durch die Industriekuschlerin Klöckner so lange aufgehalten worden sind.

Es ist völlig ungerecht, dass Betriebe, denen die Qual der Tiere maximal am Allerwertesten vorbei geht, die sind, die den höchsten Profit machen und die höchsten Förderungen einstreichen. Dass Betriebe, die die Felder mit Glyphosat versauen, besser dastehen, als kleine Ökobetriebe. Dass die Selbstverpflichtung der Bauern und der Industrie nicht funktioniert hat, sehen wir auch. Was hat Klöckner damit erreicht? Mal 10 Prozent Zucker weniger in einem Brotaufstrich…Es ist halt auffällig, dass Konzerne in Ländern, in denen eine Zuckersteuer fällig wird, es ganz schnell schaffen, ihre Rezepturen zu ändern. Geht über Nacht…In Deutschland? Leider, leider nicht möglich…Ich freue mich sehr, dass Özdemir dem Mist jetzt ein Ende setzt. Mit den richtigen Subventionen an die richtigen Betriebe lassen sich da die Weichen besser stellen – und auch hochwertige Lebensmittel bleiben bezahlbar (und die Bauern verdienen fair daran) Ich wünsche Özdemir dabei alles Gute. Er könnte vielleicht ein bisschen Unterstützung in der Kommunikation brauchen, denn er ist im Interview den Populisten und Hetzern der Bild ins Messer gelaufen. Die hat nämlich ganz perfide zwei Debatten (wenn man ehrlich ist, sogar drei) miteinander vermischt, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Es sind die Armutsdebatte, die Debatte um Bionahrungsmittel und die Debatte: geht gesund auch billig?

Zur dritten Debatte „Billig und gesund“ – ja, das geht. Wie oft geschrieben. Wer sich Cola und Fertigpizza holt, lebt teurer als Menschen, die sich Früchtetee aufbrühen und die Pizza selbst machen. Da rede ich jetzt nicht von Biolebensmitteln, sondern ganz einfach von normalen Lebensmitteln. Gemüse, Obst, Leitungswasser, Eier, Butter, Reis, Nudeln, Kichererbsen, Linsen, etc – all das ist nicht teuer, nicht mal ansatzweise. Und kann zu unendlich vielen, unendlich gesunden Gerichten verkocht werden. Ich gebe zu, was ein wenig ins Geld geht, sind Gewürze, aber die halten ja auch lange. Und so viel braucht es nicht.

Armut gegen Tierwohl aufzurechnen, ist eine Frechheit

Die anderen beiden Debatten sind wichtig – und wir müssen sie führen. Aber voneinander getrennt. Es geht nicht, die Armut der Leute damit zu kompensieren, dass man Lebensmittel möglichst billig und widerwärtig herstellt. Es ist eigentlich eine Frechheit, zu fordern, dass man weiterhin Qualfleisch anbietet, damit die Leute was zu essen haben. Das ist gegen die Würde der Tiere und der Menschen gleichzeitig (kann auch nur bild drauf kommen).

Wir sollten über Wohnungsmieten reden, die mittlerweile in Städten wie München fast die Hälfte des Einkommens fressen, wir müssen reden über Mindestlohn und Ausbildungen, über Billigklamotten von Shein und Wish – diese Flut an Polyester-Alpträumen, die diese Erde überschwemmt, muss ein Ende haben. Wenn mittlerweile Zara und H&M die Slowfashion darstellen, dann läuft was grandios schief. Aber dazu könnte ich Bücher schreiben – das sind keine Themen, die man mal so eben abhandelt in einem Blog (oder einem Tweet, da glauben auch einige, das reicht – tut es nicht). Und ich werde es nicht hier bei der Food-Debatte dazwischenschieben.

Warum uns gutes Essen etwas wert sein muss

Neben der Armutsdebatte gibt es die Debatte um teurere Lebensmittel. Wir haben in Deutschland mit die günstigsten Lebensmittelpreise in ganz Europa.  Denn unsere Wertschätzung für die Dinge, die uns nähren sollen, ist leider immer noch zu gering. Essen ist mehr als bloß Sattwerden. Essen verdient Respekt und sollte einen höheren Stellenwert einnehmen. Essen ist sinnliche Freude, ist Genuss, es macht Spaß und im besten Fall ist es sogar gesund. Das hat nix mit Ernährungsweisen zu tun. Die sind unterschiedlich von Mensch zu Mensch. Ich gehöre auch nicht zu den Leuten, die glücklich sind, wenn sie jeden Tag einen Rohkostsalat bekommen oder Pellkartoffeln mit Leinsamenquark. Nein. Ich liebe Burger und Schnitzel und indische Currys, Pekingente, Hühnerpastete und Mousse au Chocolat. Ich bin verrückt nach persischem Reis, nach jüdischen Mezze-Platten und nach frischen Lamacun mit Kräutern. Ich bin das Gegenteil einer Veganerin – auch wenn ich zunehmend mehr Gemüse esse. Ich bin eine Genussesserin, ich liebe gutes Essen, ich habe einfach festgestellt, oft sind frische Gerichte mit viel Gemüse am allerbesten. Auch dazu hab ich mich schon oft im Blog ausgelassen.

Deswegen möchte ich gerne, dass ihr aufhört, eine Front zwischen Fleischessen und Vegetariern aufzubauen, die nicht existiert, sondern zwischen schlechtem und gutem Essen. Es gibt grauenhaftes Fleisch und tolles Gemüse – und umgekehrt. Das hat, erstmal, nichts mit dessen Herstellung und Preis zu tun. Eine gute Köchin kann aus fast allem etwas zaubern. Aber auf den zweiten Blick ist Qualität halt doch wichtig: Gemüse schmeckt besser frisch und reif als blasse, wässrige Gewächshausware, das weiß jede und jeder, der schon mal in Italien Tomaten gegessen hat. Wenn die Grundzutaten gut sind, braucht man auch nicht mehr so viel drumherum zu werkeln. Gute Tomaten, ein guter Burrata und bestes Olivenöl ergeben eine Vorspeise zum Träumen. Muss ja nicht jeden Tag sein…

Wir setzen meiner Meinung nach unsere Prioritäten falsch. Lieber seltener Fleisch, aber dafür Gutes. Lieber einfachere Gemüse, aber dafür Bessere. Und grundsätzlich mehr in Lebensmittel investieren. Ich als Nicht-Autofahrerin wundere mich häufig, dass Leute so viel Geld ausgeben für ihr Auto, egal wie viel sie verdienen. Frauen aller Gehaltsstufen investieren in falsche Wimpern, falsche Nägel, Kunstbrüste oder eben Sheinklamotten, in teure Haustiere, teure Urlaube, aber nicht in die Ernährung. Ich will niemandem vorschreiben, wie er oder sie ihr Geld auszugeben hat, aber die Frage nach Prioritäten muss erlaubt sein. Als Denkanstoß, nicht als Ermahnung.

Ich glaube, es ginge uns allen besser, wenn wir da neue Schwerpunkte setzen würden. Ich persönlich will zum Beispiel nichts mehr essen, für das eine Kreatur gelitten hat. Auf welcher Stufe der Barbarei befinden wir uns immer noch, wenn wir Tiere für unser Essen leiden lassen? Da muss dringendst eingegriffen werden und ich bin froh, wenn das endlich passiert. Ich möchte auch keine Monokulturen mehr unterstützen, ich will faire Landwirtschaft, Biobauern und faire Löhne. Bioprodukte sind so viel besser, wer das einmal gekostet hat, will es nicht mehr missen. Ja, das ist teuer. Aber ich bin zB  Food-Hub, einer Kooperative in Giesing, beigetreten, ich arbeite jetzt 3 Stunden im Monat mit anderen Biobegeisterten in unserem eigenen Supermarkt. Dafür sind die Biolebensmittel dort bezahlbar. Auch eine Möglichkeit…Und wenn es nicht Bio geht, dann geht eben viel Gemüse, weniger Fleisch. Und nein, das ist keine Diktatur, sondern gesunder Menschenverstand.

Kochen mit den Biospitzenköchen

Wie man mit guten Produkten gute Dinge herstellen kann,, zeigt die Initiative Biospitzenköche, die regelmäßig mit uns Bloggern Webinare veranstaltet, in denen Biolebensmittel toll verarbeitet auf den Tisch kommen. Mein Freund streicht sich diese Webinare rot im Kalender an, er liebt das Essen!  Vor Weihnachten kochten wir mit Nina Meyer, einer tollen, jungen kreativen Bioköchin aus dem Bergrestaurant Ifenblick im Allgäu Die Gerichte sind einfach, aber sagenhaft gut – bitte, probiert es mal aus. Der „Dutch Baby“ Pfannkuchen ist so fluffig und geht im Ofen einfach wunderbar auf, es ist eine Offenbarung. Und die Zutaten? Kosten Pfennige – auch in Bioqualität. Das Rezept eignet sich für 2-4 Personen, je nachdem, was sonst noch auf den Tisch kommt.

Festlicher Winter Brunch – mit günstigen Biozutaten

Der Pfannkuchen geht im Ofen gigantisch auf

Dutch Baby

  • 3 Eier
  • etwas Salz 180 Milliliter Milch
  • Mehl 100 g Brat- und Backöl 2 EL

Zwetschgenröster

  • 500 g Zwetschgen frisch oder tiefgefroren – alternativ geht auch Apfel, Mango, Orange, Birne – einfach Reste verwerten, es geht so gut wie jedes Obst. Reste verwerten ist übrigens superbillig
  • 100 g Zucker
  • 1 Stk Zimtstange oder 1 TL Zimtpulver oder Lebkuchengewürz
  • 200 ml trockener Rotwein oder Johannisbeersaft
  • 2 EL Ziegenfrischkäse oder griechischer Joghurt oder Creme Fraiche oder Vanilleeis. Idealerweise etwas Säuerliches, das gegen die Süße des Kompotts bestehen kann

Für den Röster die Zwetschen waschen, halbieren und entsteinen. 100g Zucker in einem Topf leicht karamellisieren, die Zwetschen und den Zimt zugeben, mit Wein ablöschen und 5 Minuten kompottartig einkochen. Vom Herd nehmen und beiseitestellen. Der Zucker kann beim karamellisieren erstmal klumpen, wenn man die Flüssigkeit draufgiesst, aber keine angst, das löst sich alles wieder auf.

Backofen auf 220°C Ober-/Unterhitze (190°C Umluft) vorheizen und eine ofenfeste Pfanne für ca. 10 Minuten in den Ofen stellen. Eier mit Salz und Milch mit einem Schneebesen oder einem Handrührgerät verrühren. Mehl hinzugeben und zu einem glatten Teig verarbeiten. Pfanne vorsichtig aus dem Ofen nehmen und mit Öl ausgießen. Den Teig einfüllen und ca. 15-20 Minuten im Ofen backen. Dutch Baby aus dem Ofen nehmen und mit Zwetschgenröster und einem Löffel Ziegenfrischkäse anrichten. Wer mag kann noch etwas Zimt als Garnitur darüber geben.

Geröstete Mandelblättchen oder andere Nüsse sind auch eine tolle Ergänzung.

Wurzelwerksalat zu Rohrnudel mit Fleischfüllung Wurzelwerksalat zu Rohrnudel mit Fleischfüllung

 

 

 

Wurzelwerksalat

  • 300 g gemischtes Wurzelwerk, zb (preiswertes) Suppengrün eignet sich gut oder rote Beete, Steckrübe, Goldball, Karotten jeder Farbe, Fenchel (obwohl kein Wurzelgemüse)
  • Etwas Öl,
  • Salz
  • gemischte Kerne: 2 EL Kürbiskerne, Sesam, Sonnenblumenkerne

Dressing

  • 1 EL Meerrettich (frisch gerieben oder aus dem Glas)
  • 1 EL Zuckerrübensirup
  • 3 EL Essig etwas Öl, etwas Wasser
  • 1 Apfel
  • Salz,
  • schwarzer Kümmel,
  • Schnittlauch

Gemüse waschen und in nette, mundgerechte Stücke schneiden. Ölen und salzen und für ca. 30 Minuten marinieren. Ofen auf 180°C vorheizen und Gemüse dann als Ofengemüse im Rohr braten. Kerne und Saaten in einer Pfanne rösten, bis sie duften. Apfel waschen und fein raspeln. Den Rest der Zutaten zu einem Dressing verrühren. Gemüse in eine Schüssel geben und mit dem Dressing marinieren, dann auf einer Platte arrangieren. Mit Saaten und Kräutern garnieren.

Du kannst den Salat auch in Gläser abfüllen und dann verschenken. Dann musst du die Kräuter aber weglassen. Im Kühlschrank hält er sich ca. 10 Tage.

Dazu gab es noch Germknödel mit Fleischfüllung der wohl besten veganen Bratensauce der Welt – aber diese Gerichte kommen morgen.

Dazu Frischkäse, Brot, hausgemachte Hefesemmeln, Marmelade, Schinken etc – der Brunch ist so festlich, das ersetzt problemlos ein edles Mittagessen.

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