Dürfen wir 2021 reisen? Mit Vorsicht und Achtsamkeit sicher

„Und, fahrt ihr dieses Jahr weg?“ Das ist ein Satz, den ich derzeit oft höre. Momentan kann ich noch keine Antwort darauf geben. Ich meine meist: „Wir haben es vor“. Und ich denke „natürlich will ich weg, sobald es geht“. Reisen ist das Schönste, was es gibt auf der Welt. Ich habe mich letzte Woche ertappt, sofort nach Flügen Richtung Ibiza gesucht zu haben, als die Balearen freigegeben worden sind…gebucht hab ich nicht. Noch nicht. Das wird kommen. Ich warte die Osterferien ab und dann geht es los…Denn meine Erfahrungen 2020 mit Reisen in der Pandemie waren sogar sehr positiv. Und das meine ich nicht im Bezug auf eine Ansteckung. Schon vor einem Jahr hat Hotelexpertin Valerie Wagner in einer Blogparade gefragt, was wir denn so glauben, was nach der Pandemie kommt. Ich war damals forsch und glaubte an einen Riesenboom, sobald der Virus-Spuk vorbei ist. Aber je länger das Ganze geht, umso zweifelnder werde ich. Denn ein oder zwei Jahre unter der Angst vor einem Virus leben, das macht etwas mit den Leuten. Alle werden vorsichtiger. Niemand weiß so genau, was eigentlich erlaubt ist. Im Zweifelsfall lassen alle lieber überall die Maske auf. Schon jetzt merke ich, wie sich der Umgang ändert. Die Leute werden zum einen Teil viel freundlicher, offener, der größere, andere Teil aber umso feindseliger, verschlossener, aufs Private gerichtet. Ich weiß nicht, ob sich nicht viele ihre Reiselust nachhaltig haben vermiesen lassen. Momentan gilt es ja nicht als hip und cool, in der Weltgeschichte herumzufahren, sondern man ist eine miese Seuchenschleuder. Das Problem: es ist etwas Wahres dran. Denn wer momentan reist, das sind nicht die Besonnenen, sondern meist die Egoisten, die, die sogar mit Symptomen in den Flieger marschieren, die sich nicht kurz in Quarantäne begeben, sondern die, die jedes Schlupfloch für sich suchen und auf Regeln pfeifen und in Dubai oder Sansibar Party machen. Das wird uns und der gesamten Reisebranche noch auf die Füße fallen, wenn wir nicht allen gemeinsam solchen Egotrips einen Riegel vorschieben. Aber wir müssen auch lernen, zu differenzieren – Massentourismus versus Individualreisende. Das ist ein himmelweiter Unterschied.

Viele Länder haben gelernt – Urlaub wird etwas Besonderes

Hier hätte man auch den Hobbit drehen können – verwunschene Wälder in Samos

Die Destinationen und Hotels haben ihr Bestes gegeben. Der Urlaub nach Corona wird vor allem schöner, da bin ich sicher. Die Zeit haben viele Länder genutzt, um sich neu aufzustellen. Überall ist Nachhaltigkeit ein ganz, ganz großes Thema, der Urlaub soll wieder etwas Besonderes werden, mehr Qualität, mehr Regionalität, mehr Schutz der Natur und der Meere statt seelenlose Bettenburgen, die überall stehen könnten und bei denen man leicht vergisst, in welchem Land man eigentlich Urlaub macht. Vielleicht ein bisschen so wie damals in den 60er Jahren, als Reisen noch schick und aufwändig war und der JetSet bestimmte Ziele erst entdeckte, bevor die große Masse folgte. In den 60ern und 70ern machte Leute wie Gunther Sachs Sylt, Marbella, St Tropez oder Mykonos zu Sehnsuchtsorten, die französischen Trendsetter entdeckten Tunesien und Marokko. Vielleicht wird sich durch Corona der Tourismus auf ein gesundes Maß einpendeln, vielleicht werden die Länder und die einheimische Bevölkerung stärker profitieren und nicht nur die großen, internationalen Hotelketten, wenn die Touristen kleinere, intimere Hotels und Hostels bevorzugen. Das wäre ein Outcome der Pandemie, das ich nur bejubeln würde. Auch wenn sich der Trend zu mehr Umweltschutz durchsetzt, zur Bewahrung dessen, was den Charme und den Reichtum eines Landes ausmacht, das wäre wunderbar. Die Anfänge waren 2020 schon erkennbar.

Erlebnisse 2020 – Camping, Venedig, Cinque Terre und der deutsche Norden

Ganz ehrlich – wenig gereist sind wir 2020 nicht. Wir sind nicht an Schulferien gebunden und konnten azyklisch buchen. Also, wenn alle anderen Deutschen mit Kindern wieder daheim waren, sind wir los. Mal ein verlängertes Wochenende Campen am schwarzen Regen, mit Zelt und Kanutouren. Ende des Sommers, als es schien, wir hätten die Pandemie im Griff, sind wir dann noch nach Italien: Goldene Zeiten im Nachhinein. Wir waren so in einem recht leeren Venedig, das zwar gebeutelt wurde vom ausbleibenden Tourismus, aber dennoch hatte ich den Eindruck, diese Zwangspause tut der Stadt mal ganz gut, ein Ausgleich zum sonstigen Overtourismus dort. Natürlich war und ist es bitter für all die Gastronomen, Hoteliers – für uns als Besucher war es sehr schön, ohne Massen den Markusplatz zu sehen, ohne Schlange in die Museen – und ich habe mich nirgends unsicher gefühlt. Überall Tophygienestandards, überall Vorsicht und Masken. Mehr Disziplin als bei uns. Voller wurde es in den Cinque Terre, die letztes Jahr wohl der Sehnsuchtsort vieler Deutscher gewesen sind. Da wurde es eng in der Bahn und auf den Wanderwegen, aber im Vergleich zu den Massen, die sonst die Dörfchen bevölkern, war es wohl nicht viel. Auch hier – Masken, Abstand. Unser letztes Ziel im Oktober war der deutsche Norden und auch hier würde ich bedenkenlos wieder hinfahren. Im Gegenteil – ich will da sogar unbedingt wieder hinfahren. Sei es der Timmendorfer Strand, Föhr oder Schleswig-Holstein, überall funktionierten die Hygienekonzepte bestens.

Was steht dem Urlaub also im Wege? Eigentlich nichts. Wir müssen nur alle für uns entscheiden, wie viel Vorsicht wir walten lassen: ich bin großer Fan davon, dass alle nur mit einem frischen Test reisen dürfen, dass nach dem Urlaub wieder ein verpflichtender Test am Flughafen notwendig ist, und – falls positiv – eine sofortige Quarantäne. Aber nicht mit erstmal mit der S-Bahn heimfahren, Einkaufen und dann erst daheim bleiben, sondern mit Aufenthalt im Hotel am Flughafen. Wir müssen auch darauf achten, in den Urlaubsorten nicht sofort Party und Halligalli zu machen, sondern genauso Abstand zu nehmen, wie wir es hier tun. Vorsichtig sein, andere Urlaubsarten auszuprobieren. Für wen Urlaub aus 10 Tagen Dauerbesäufnis im Bierkönig am Ballermann bedeutet, der oder die hat eben Pech gehabt. Aber wer Mallorca mal von einer anderen Seite kennenlernen möchte, Wandern, Erholen, bei typischen mallorquinischen Restaurants einkehren oder in keinen Hotels im Norden der Insel absteigen – was spricht da dagegen? Eben. Insofern: Ja, ich werde auch 2021 verreisen. Und Spaß haben.

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