Echte Helden für grünere Städte – oder: Wie wollen wir in Zukunft leben?

Ich hab neulich von einem Städteplaner namens Rudolf Hillebrecht gelesen, der die Innenstadt des nach dem 2. Weltkrieg sehr zerbombten Hannover neu geplant hat. Damals hat er viel Lob für seine auf den Automobilverkehr zugeschnittene Lösung bekommen, für die er sogar noch stehende historische Gebäude und Parks plattmachen ließ. Es wurde die perfekte „autogerechte Stadt“ und der Architekt fand viele Nachahmer, die die deutschen Städte zu Autobahnen  umplanierten. Damals war das modern und zukunftsweisend, es gab auch noch nicht so viele Autos, die fuhren auch noch nicht so schnell oder waren so groß wie SUVs. Aber der Grundstein für die Tristesse war gelegt.  Heute sehen wir das Grauen, dass solche Leute angerichtet haben. Grau in Grau, unfreundlich zu Fußgängern, Radfahrern und allen anderen Verkehrsteilnehmern, nicht schön und einladend für das Leben in der Stadt.

Kein Platz für Cafes, aber viel Parkfläche für SUVs

Kaufinger Strasse , das triste Herz Münchens
Kaufinger Strasse , das triste Herz Münchens

Kein Platz für Cafes, kein Platz zum Flanieren, zum Treffen, Spielen, Ratschen, alles wurde dem Moloch der individuellen Mobilität geopfert.  Kinder wurden in freudlose, eingezäunte Spielplätze verbannt, in den 70ern kamen dann ebenso trostlose Fußgängerzonen mit Blumen in Waschbetonbecken und vielen Geschäften dazu, die ihre Geschäfte überall auf der Welt haben – Einkaufen von Lebensmitteln wurde dagegen auf die grüne Wiese verlagert, zur Verzweiflung der Rentner. Es ist keine schöne, keine menschenfreundliche Stadt, die so entsteht. Sie hat etwas steriles und effektives und sie macht nicht glücklich.

Ich lebe in München, eigentlich eine wirklich schöne Stadt, aber sie hat ihre Tücken.  Zum Beispiel lebt es sich als Radfahrer gefährlich. Gerade an den engsten und befahrensten Stellen enden Radwege im Nichts, plötzlich muss ich – zum Beispiel am Sendlinger Tor oder am Stachus, zwischen fahrenden und parkenden Autos balancieren, auf der Maximilianstrasse Fußgängern, Trambahnschienen und übergroßen Autos ausweichen. Spaß macht Radfahren in der Innenstadt nicht. Einkaufen auch nicht (mehr) und das Grün ist an der Isar platziert oder im Englischen Garten gebündelt. Die Innenstadt ist relativ frei von Pflanzen (ich hab gehört, heute wären die Bäume in der Betonwüste Sendlingerstrasse gepflanzt worden, das wäre schön) Das haben auch viele andere erkannt und gerade wird versucht, die Innenstädte wieder lebendiger und lebenswerter zu machen. Da gibt es Cafes auf den Dächern von Parkhäusern, Bänke und Blumenbeete statt Parkplätze, Bäume und Grünflächen, wo immer es geht. Da wird der Bürgersteig in Eigenregie begrünt und im heißen Sommer werden die Bäume von Anwohnern gegossen. Eine Graswurzelbewegung im allerwortwörtlichsten Sinn.  Es ist eine Art ziviler Ungehorsam, bei dem sich die Menschen von den Städten wieder zurücktrotzen, was ihnen die bürokratischen Planer geklaut haben: Platz zum Leben.  Dass eine grüne Stadt mit viel Platz zum Atmen und für die Menschen, die dort leben, viel schöner ist, hat sich mittlerweile durchgesetzt. Das wollen wir alle. Wir wollen erstmal keine Flugtaxis, sondern wir wollen kleine Oasen um uns herum.

Timberland und Greencity für grüne Städte – auch in München

Der Grünspitz in Giesing
Der Grünspitz in Giesing

In München ist der Verein Greencity der Vorreiter und ich habe allergrößten Respekt vor den Aktivistinnen, die wirklich viel auf die Beine stellen. Ein Projekt gefällt mir besonders gut, weil es so nah bei meiner Wohnung in Giesing liegt und weil es zeigt, wie ein besonders hässliches Eck besonders schön werden kann – der Giesinger Grünspitz liegt an der Tegernseer Landstrasse, umrahmt vom Mittleren Ring, einem hässlichen Gebäude mit Wienerwald und McDonalds und einfach viel Beton. Bis 2014 wurde das Gelände mit alten Kastanien von einem Gebrauchtwagenhändler genutzt, jetzt steht es erstmal leer. Die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung GmbH plant zwar eine öffentlich nutzbare Freifläche auf dem Areal des Giesinger Grünspitz, aber bis die Fläche endgültig umgestaltet und aufgewertet werden kann, veranstaltet dort Green City zusammen mit lokalen Akteuren und im Auftrag der „Sozialen Stadt Giesing“ ökologische und kulturelle Aktionen und Projekte. Ich hab das Projekt ausgerechnet durch eine Aktion der Firma Timberland kennengelernt. Als Schuh-und Outdoormarke setzt sie sich sehr glaubhaft seit Jahrzehnten für grünere Lösungen ein und rückt dieses Engagement wieder in den Markenfokus. Klar, es ist momentan Trend, aber Timberland ist in diesem Bereich ein einsamer Vorreiter, als es noch nicht cool war, für die Umwelt zu sein. Die  Kampagne „Nature needs Heroes“ stellt Menschen auf der ganzen Welt in den Fokus, die ihren Teil beitragen, diese Welt schöner und besser und grüner zu hinterlassen, die Helden setzen sich für grüne Projekte ein, die einen wirklichen Unterschied machen.

50 Millionen Bäume und viele Tipps zum grüneren Leben

Zudem sollen von Timberland bis 2025 50 Millionen Bäume gepflanzt werden, bis 2020 alles klimaneutral produziert – und nachhaltig sind die Produkte aus Biobaumwolle und Leder sowieso. (Meine Timberlands aus den 90ern haben über 20 Jahre gehalten) Beim Begrünen des Grünspitzes und bei einem Workshop für Wandbilder aus Moos und Sukkulenten (das kommt nochmal extra, ich muss schauen, wie sich mein gepflanztes Bild entwickelt) habe ich einen dieser Helden kennengelernt, Jorn Wemmenhove. Wirklich jemand, der den Namen „Held“ verdient. Er berät mit seiner Firma „Humankind“ Städte, NGOs und Firmen, ihre nachhaltigen Projekte besser und schneller umzusetzen, er gibt Tipp fürs grünere Leben in der Stadt. Toller Mensch!

„Unsere Städte besser für uns selbst und unsere Bedürfnisse zu gestalten, war mir schon immer ein Anliegen. Ich hab nie verstanden, warum so viele Stadtplaner so bestrebt sind, den Bezug zur Natur so weit wie möglich abzuschneiden“, erklärt er mir im Gespräch. „Wir brauchen Zugang zur Natur, am Wochenende raus in den Wald und dort wandern, wir brauchen Parks und weite Grünflächen, Bäume und Gewässer zum Stressabbau“.  Und zwar nicht nur Miniparks „So ein kleiner Grünstreifen, wo Besucher noch immer den Verkehrslärm hören statt der Vögel, da kommt man nicht richtig zur Ruhe. Wir dürfen nie vergessen: wir brauchen die Natur mehr als die Natur uns braucht.“

Er hat auch konkrete Tipps, sich seinen Lebensraum zurückzuholen: „Das geht schon im Kleinen los und jeder kann mitmachen: Ich bin sehr dafür, überall grüne Inseln einzurichten, so wie hier am Grünspitz, Parkplätze zu begrünen und mit Bänken auszustatten, Kletterpflanzen um Laternenmasten zu pflanzen oder Hochbeete für Kräuter und Gemüse zu bauen, an denen die Nachbarschaft mitarbeitet und an denen sich alle bedienen können. Hässliche grauer Wände werden mit Moosgraffitis verschönert. Wir haben damit in meiner Heimatstadt Rotterdam gute Erfahrungen gemacht – aber das kann nur ein Teil sein, ohne echte Naturerlebnisse in und rund um unsere Städte sind wir nicht richtig glücklich.“ Ich frage nach, ob die Stadtoasen nicht auch bedroht sind – aber: Erstaunlicherweise gäbe es auch keine Probleme mit Vandalismus, „die Leute halten ihre grünen Oasen in Ehren“. Da hoffe ich mal für uns Münchner, dass das auch klappt. So, und jetzt gehe ich raus, die Herbstsonne am Grünspitz genießen…

 

 

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