Warum Großkonzerne nicht (immer) der Feind sind – oder: Plastik aus dem Meer recyceln

Werbung, weil Namensnennung

Ich war gerade in London, eingeladen von Coca-Cola Europa, die dort eine neue Technologie vorgestellt haben, die womöglich geeignet ist, das Recycling zu revolutionieren und zu optimieren. Das hat mich wirklich interessiert, denn ich bin natürlich für eine Plastikreduzierung, aber ich bin auch Realistin. Ich glaube nicht, dass der Großteil der Bevölkerung demnächst nur noch im No-Plastik-Laden mit Einweckgläsern einkauft. Ich denke, wir müssen mit der Industrie kooperieren, sie ermutigen, umweltfreundlich zu handeln und sie mit unseren Kaufentscheidungen in die richtige Richtung zu lenken.

Coca-Cola Musterflasche aus 25% Meeresplastik / Innovation zeigt das Potential von Recycling. „obs/Coca-Cola Deutschland“

Deswegen fand ich es spannend, was einer der größten Player im Markt tut, um die Müllvermeidung voranzubringen. Was Coke gezeigt hat, hat mich beeindruckt, weil es so einfach klingt. Mit dem so genannten „enhanched Recycling“ (Depolymerisation), das präsentiert wurde, kann aus jedem noch so dreckigen PET, egal ob aus farbigen Flaschen, Meeres-PET oder sogar Polyesterstoffen, supersauberes, lebensmittelechtes PET gewonnen werden. Bisher mussten es ausschließlich farblose, saubere Verpackungen sein, die verwertet werden konnten. Ganz neu ist das chemische Verfahren nicht – richtig sensationell ist, dass die holländische Firma Ioniqa es geschafft hat (mit Hilfe von Coca-Cola Subventionen), dieses Verfahren bis zur Marktreife für große Mengen Plastik zu entwickeln. Sehr bald können so relevante Mengen an PET  verwertet und zu Flaschen verarbeitet werden – 300 Prototypen mit 25 Prozent Fundplastik hat Coca-Cola jetzt hergestellt und in London vorgestellt. Statt in Rot in Türkis. Hübsch. Gesammelt wurde das PET dafür an Mittelmeerstränden in Spanien und an der Küste Portugals. Das neue Verfahren ist zwar aufwändiger als das Recyclen von blütenreinen Flaschen, aber immer noch energieeffizienter als das Schaffen von neuem Plastik.

A world without waste

Ja, ich weiß, viele von euch halten Großkonzerne für das Böse an sich – aber wenn sie sich mal entschließen, etwas zu tun, dann können sie mehr bewirken als Millionen Aktivisten zusammen. Coca-Cola hat sich weltweit ehrgeizige Ziele gesetzt:  „A world without waste“ – 100 Prozent recycelbare Verpackungen bis 2025 (in Europa bis 2023), bis 2030 (in Europa auch 2023) sollen Verpackungen zur Hälfte aus Recyclingmaterial bestehen und ganze 100 Prozent aller Verpackungen sollen bis 2030 wieder eingesammelt werden. Da will Cola mit Partnern aus verschiedenen Ländern zusammenarbeiten. Dazu wurden neue Werke für Mehrweg-Glasflaschenabfüllung gebaut, die Flaschen, egal aus Glas oder Plastik, werden leichter und optimiert, so dass 1000nde Tonnen Plastik oder Glas gespart werden können – wir reden eben von einem weltweiten Großkonzern. Und die Firma nutzt ihr Marketing  – und dass die Marketing können, weiß jeder, der schon mal einen Coke-Santa Claus gesehen hat. Und diese Power wird jetzt eingesetzt, um recyclefaulen Ländern das Müllsammeln schmackhaft zu machen. „Kauft keine Coke, wenn ihr sie nicht recyclen wollt“ so der Slogan. Tim Brett, der President von Coca Cola Westeuropa war so freundlich, uns das Involvement nochmal zusammenzufassen. Und unseren Beitrag als Konsument und Müllsammler zu unterstreichen.

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Wir schaffen es nur gemeinsam

Recycling und Verpackungsmüll sind derzeit große Themen – zurecht.  Plastik verdreckt die Meere, Plastik türmt sich zu Müllbergen. Da sind wir alle gefragt – Hersteller voran – aber auch die Verbraucher. Wenn wir etwas nicht wollen, dürfen wir es nicht kaufen. Oder, wir können versuchen, soviel wie möglich von unserem Müll dem Recycling zuzuführen, also in die entsprechenden Tonnen zu hauen und nicht in allgemeine Mülltonnen oder gar in die Umgebung (Wenn ich nochmal wen beim Bergwandern beim Müllabladen erwische, den schubse ich seinem Müll hinterher). Denn das Problem ist ja nicht die Verpackung an sich, wenn die sich wieder aufbereiten lässt und an den Hersteller zurückgeht, und der sie wieder verwendet oder sie neu recycelt, belastet sie die Umwelt kaum. Das ist ein Gedanke, den wir unbedingt im Blick behalten müssen. No Plastic im Haushalt ist toll, aber 100 Prozent Müll, der wieder recycelt wird, ist fast genauso toll.

Firmen wissen: Moralisches Handeln ist gut fürs Geschäft

Hersteller müssen sicherstellen, dass sie ihre Verpackungen aus Materialien herstellen, die recycelbar sind und  die gesamte Verpackung maximal minimieren – weniger Plastik pro Verpackung, weniger Müll. Einfache Rechnung. So einen anachronistischen Dreck wie die in insgesamt 6 Schichten Plastik, Folie, Metallfolie und Karton gehüllten Pralinen von Ferrero sollte eigentlich niemand kaufen, der noch halbwegs bei Verstand ist. Wie es feine Konfiserie-Geschäfte vormachen, tut es auch eine kleine Tüte allein ganz hervorragend. Immer mehr Firmen verstehen das und gehen neue, verpackungssparende Wege. Sie tun es aus mehrerlei Gründen: zum einen ist es natürlich günstiger, wenn eine Firma weniger Material verbraucht, zum anderen will doch ein immer größerer Teil der Verbraucher Verpackungslösungen, die dem Umweltgedanken entgegenkommen – und zum dritten verstehen vor allem weltweit agierende Unternehmen, dass vorbildliches Verhalten in Umweltdingen ihnen einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschafft. Moral macht sich bezahlt. Das ist gut, da müssen wir Verbraucher auch dranbleiben und Firmen unterstützen, die da vorangehen. Mich ärgert, dass Firmen, die etwas für die Umwelt tun (ich rede nicht von Greenwashing), öfter eins auf den Deckel bekommen als totale Umweltschweine, die keinen Pieps von sich geben und deswegen nicht auffallen. Es sind kleine Schritte, aber sie führen zu dem Ziel, das wir alle wollen. Und darum geht es doch letztendlich, oder?

 

 

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